Eadweard Muybridge: Kurzbiografie

Eadweard Muybridge (1830-1904), Porträt. Aus: The Human Figure in Motion (1901)
Eadweard Muybridge (1830-1904)

Eadweard Muybridge (1830-1904, eigtl. Edward James Muggeridge) ist einer der bedeutendsten Pioniere der Fotografie und der Fototechnik. Muybridge stammt aus Kingston upon Thames nahe London und wächst in eher einfachen Verhältnissen auf. Bereits Anfang der 1850er Jahre wandert er in die Vereinigten Staaten aus und hält sich zunächst in New York City, seit 1855 in San Francisco auf. Ab 1856 ist er hier als erfolgreicher Buchhändler der London Printing and Publishing Company tätig. Jetzt fängt er auch an, die Schreibweise seines Nachnamens mehrfach anzupassen. Auf dem Weg nach Europa erleidet Muybridge bei einem Postkutschenunfall eine schwere Kopfverletzung, die er ab 1861 in England behandeln lässt. In den USA tobt bis 1865 ohnehin der Bürgerkrieg.

Wohl erst in England beschäftigt sich Muybridge intensiver mit der jungen Technik der Fotografie. Bereits nach seiner Rückkehr nach San Francisco 1867 kann er sich als Fotograf selbständig machen, seine erste größere Fotoexpedition führt ihn noch im selben Jahr in das etwas mehr als 200 Kilometer weit entfernte Yosemite Valley.

Muybridge ist früh innovativ und entwickelt bereits nach kurzer Zeit eigene Verfahren und Techniken, um beispielsweise gezielt auf spezifische Lichtverhältnisse reagieren und die Belichtung unterschiedlicher Bildbereiche gezielt aussteuern zu können. Schon 1868 erhält er seinen ersten Regierungsauftrag zur Dokumentation des Department of Alaska, das erst 1867 vom Russischen Kaiserreich erworben worden war.

1875 bringt es Muybridge übrigens mit Hilfe von gleich drei Anwälten fertig, für den vorsätzlichen Mord am Liebhaber seiner Frau freigesprochen zu werden.

Eadweard Muybridge, Unterschrift. Aus: The Human Figure in Motion (1901)
Eadweard Muybridge, Unterschrift

Nach ersten Versuchen im Jahr 1872, die Bewegungsabläufe eines Rennpferdes fotografisch zu dokumentieren, entwickelt Muybridge Ende der 1870er Jahre schließlich die Chronofotografie (auch Fotochronografie), also die über Serienfotografien realisierte Dokumentation von Bewegungsabläufen (oder sonstigen Vorgängen und Prozessen), für die Muybridge noch eine Vielzahl von Kameras und eine spezielle, elektromagnetisch geteuerte Verschlusstechnik nutzt. Vor allem für diese Aufnahmen ist er bis heute berühmt. Eine erste chronofotografische Dokumentation des Bewegungsablaufes eines Pferdes publiziert Muybridge 1878 noch als Serie von Positivabzügen (The Horse in Motion).

Die neue Technik wird euphorisch aufgenommen und revolutioniert in der Folge selbst Bereiche der Malerei, die den Bewegungsablauf von Pferden erstmals korrekt darstellen kann. Bereits 1879 stellt Muybridge zum ersten Mal sein Zoopraxiskop vor, ein eigenes Projektionsgerät für seine chronofotografisch erzeugten Reihenbilder, die die aufgenommenen Szenen wie eine kurze Filmsequenz ablaufen lassen (die Einzelaufnahmen waren auf rotierenden Scheiben angebracht, die in ihrem Aussehen ein wenig an Schallplatten erinnern). Anfang der 1880er Jahre unternimmt Muybridge eine Vortragsreise nach Europa, die nach von unberechtigten Betrugsvorwürfen ein jähes Ende erfährt. Erst infolge der Publikation von Animal Locomotion (1887), das den Bewegungsablauf von Menschen und Tieren extensiv chronofotografisch dokumentiert, nimmt Muybridge die Vortragstätigkeit wieder auf. 1894 kehrt er in seinen Geburtsort zurück, wo er 1904 an Krebs stirbt.

Publikationen

Zu Muybridges wichtigsten Publikationen gehören einerseits seine zahlreichen Fotoserien, beispielsweise ca. 400 Aufnahmen, die das Ergebnis einer großen Mittelamerikareise sind und 1875 als The Pacific Coast of Central America and Mexico, Isthmus of Panama, Guatemala, and the Cultivation and Shipment of Coffee vertrieben werden.

Am bedeutendsten dürften allerdings seine chronofotografischen Dokumentationen sein, deren ikonografische Bilder heute bekannter zu sein scheinen, als jemals zuvor. Das ist in der Hauptsache der Hauptband Animal Locomotion: An Electro-Photographic Investigation of Consecutive Phases of Animal Movements (1887) mit insgesamt 781 Tafeln. Auf Grundlage dieses Materials entstehen noch weitere Publikationen: Animals in Motion, an Electro-Photographic Investigation of Consecutive Phases of Animal Progressive Movements (1899) sowie The Human Figure in Motion, an Electro-Photographic Investigation of Consecutive Phases of Muscular Action (1901).

Seine Arbeit und Methode dokumentiert Muybridge darüber hinaus auch noch in der nicht sehr umfangreichen Veröffentlichung Descriptive Zoopraxography or the science of animal locomotion (1893).

> Serienaufnahmen, ausgewählte Einzelbilder und die Einleitung dieser letzten Publikation sind hier weitenteils reproduziert: Einleitung/Verzeichnisse, Serienaufnahmen, Einzelstudien.

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Seit 2001 ist ein kleines Taschenbuch aus der „Kleinen Fotoreihe“ des Phaidon-Verlags erhältlich, das einen kleinen biografischen Abriss, ebenso eine Zeitleiste zu Muybridges Leben und Werk und vor allem eine kommentierte Auswahl repräsentativer Fotografien aus seinem  Gesamtwerk bietet. Leider ist die Mittelamerika-Kampagne hier stark unterrepräsentiert, dafür wird allerdings dem Panorama von San Francisco großer Raum zugestanden, zudem ist die konzise Bildwahl auch angesichts des geringen Preises zu verschmerzen. Es sind sogar noch zahlreiche gebrauchte Exemplare verfügbar: Paul Hill: Eadweard Muybridge. Übers. von Suzan Depping, Ute Peters, und Gerd H. Söffker. Berlin, Phaidon 2001 (= Kleine Fotoreihe 55). [englisches Taschenbuch, externer Link zur Produktseite auf Amazon.de]

Schon seit einigen Jahren liegt zudem eine scheinbar umfassende englischsprachige Biographie Eadweard Muybridges von Marta Braun vor, die auch eine Auswahlbibliografie enthält. Der Band lässt sich beispielsweise hier erwerben: Marta Braun: Eadweard Muybridge. London, Reaktion Books 2010 (= Critical Lives). [englisches Taschenbuch, externer Link zur Produktseite auf Amazon.de]